Notre-Dame de Chandolin – Kanton Wallis

Dank seiner malerischen Lage zieht die kleine, ganz in grauweiss gehaltene Kapelle Notre-Dame de Chandolin im Unterwallis immer wieder Touristen und Wanderer an. Das auch Notre-Dame von Corbelin genannte Gotteshaus wurde vor Jahrhunderten in der Südwestschweiz auf einen Felssporn gesetzt. Dieses bescheidene, traditionell in Stein und Holz errichtete Kirchlein haben die Bewohner der Gegend auf einer Höhe von 819 Metern über dem Meeresspiegel errichtet. Präzise gesagt, liegt der Sitz von Notre-Dame de Chandolin über dem linken Ufer des Flusses Morge de Conthey sowie der die Hänge von Savièse von denen von Conthey trennenden Schlucht, gegenüber der Ortschaft Daillon.

Kapelle Notre-Dame de Chandolin

Das traditionell schlichte Gebäude befindet sich nur 200 Meter vom Dorf Chandolin entfernt, dem es daher auch seinen Namen verdankt. Im Wallis gilt Notre-Dame de Chandolin als ein Kraftort; daher nehmen sich auch immer wieder Wallfahrer das steinerne Gotteshaus als Ziel. Auf ihrem Weg zum Sanetschpass halten viele Bergsteiger an dieser Kapelle kurz inne, um Kraft für den weiteren Aufstieg wie auch etwas geistige Erholung für sich zu finden oder um für ihre Angehörigen zu beten.

Die Kapelle empfängt den Besucher mit einem schlichten Innenraum, der gut zur alpenländischen Szenerie passt. So sieht der Eintretende in Notre-Dame de Chandolin zuerst einen kunstvoll gestalteten Altar, welcher Maria und Josef mit dem Jesusknaben zeigt, über welchem wiederum eine Taube als Symbol für den heiligen Geist sowie Gottvater thronen. Die zart gemalten, bunten Glasfenster innerhalb des Gotteshauses erzählen die Geschichte, warum die Kapelle den Beinamen „Notre-Dame von Corbelin“ erhalten hat.

Berichten zufolge sollen sich hier, kaum hinter dem Ortsausgang von Chandelin, zahlreiche Wunder ereignet haben, die sehr mit dem religiösen katholischen Brauchtum und Glauben zusammen hängen. So wurde einem tot geborenen Kind noch vor einigen Generationen sowohl die Taufe wie auch eine Beerdigung auf dem christlichen Friedhof verweigert, was für die Angehörigen zum tatsächlichen Verlust noch weitere Qualen bedeutete: Man glaubte, dass dieses Baby bei der erwarteten Auferstehung der Toten nicht anwesend sein dürfe, was die Eltern verständlicherweise sehr betrübte. Nach traditioneller Lehre war man überzeugt, dass eine solche Seele auf ewig im „Limbus“, einer Art jenseitigem Zwischenort, bleiben müsse und von der Aufnahme ins Paradies ausgeschlossen sei.

Notre-Dame von Corbelin

Um dies zu verhindern, legte man ein solches, nicht lebend geborenes Kind in einen Korb und brachte diesen in die Kapelle zur Notre-Dame de Chandolin. Diesen Korb platzierte man während einer Messfeier auf dem Altar. Wenn der leblose Körper während der Wandlung irgendein Lebenszeichen zeigte – einen Atemzug, eine kleine Bewegung oder dergleichen -, hatte der Priester das Recht, sofort eine Taufe vorzunehmen. Solche Wunder ereigneten sich nicht immer, aber falls dies so war, dann konnte den trauernden Eltern und sonstigen Verwandten ein Funke Hoffnung mit auf dem Weg gegeben werden.

Seinen Zweitnamen Notre-Dame von Corbelin verdankt das bereits im Jahr 1666 gemauerte Bauwerk ausserdem einem in der Gegend der Gemeinde von Sitten beliebten Brauch. So statten am katholischen Fest Mariä Geburt (8.September) zahlreiche Schweizer der Umgegend – vor allem Bauern – dieser Kultstätte einen Besuch ab. Jeder Landmann bringt zu diesem Anlass einen Korb (corbelin) mit, in den er die ersten Reben seines an Wege liegenden Weinbergs gesammelt hat, welche er anschliessend mit zu sich nach Hause nimmt.

Auch heutigen Wanderern verleiht der Ort ein Gefühl heiterer Freude; es empfiehlt sich, dort kurz inne zuhalten und in dem Ruhe verströmenden Steinhaus vielleicht eine Kerze zu entzünden. So halten viele Bergsteiger auf ihrem Weg zum Sanetschpass an dieser Kapelle Notre-Dame de Chandolin kurz inne, um Kraft für den weiteren Aufstieg wie auch etwas geistige Erholung zu finden.

Ebenfalls im Val d`Anniviers befindet sich übrigens eine weitere Glaubensstätte, welche gerne besucht wird: Die sogenannte Pontis-Kapelle. Gerne halten die Katholiken aus dem Wallis wie aus dem weiteren Umkreis in der Pontis-Kapelle Gottesdienste ab und geniessen dabei die naturbelassene Szenerie.