Monte Verità – Der berühmte Kraftort am Lago Maggiore
Bestimmte Orte, die sich in zahlreichen Kulturen oft in den Bergen finden, sind so bemerkenswert in ihrer Schönheit, dass sie das Gewöhnliche umwandeln und unsere bisherigen Erwartungen an das Leben in Frage stellen. Ist in der buddhistisch geprägten Kultur ist der Himalaya Kraftort innerer Kämpfe und der Bemühungen zu mehr Nähe zum Unbegreiflichen, so verkörpern in Europa die Alpen den Dialog zwischen menschlicher und äusserer Natur. Hierhin zogen sich Mönche wie der Benediktinerorden zurück, hier fanden Dichter ihre Inspiration. Einer dieser Kraftorte, der Monte Verità, wurde einhundert Jahre vor dem Millenium, gleichsam als Einleitung zur grossen Wendezeit, wiederentdeckt.
Zur Geschichte des Monte Verità
Bereits 1000 v. Chr. siedelten sich die Kelten am „grossen Wasser”, dem Lago Maggiore im schweizerischen Tessin, an. Davon zeugen auf die Jungsteinzeit datierbare Funde wie Grabstätten oder Ruinen religiöser Bauten. Der aus geografischer Sicht mit einer Höhe von gerade einmal 196 Metern eher als Hügel zu bezeichnende Monte Verità erhebt sich oberhalb von Ascona und ist ein geomantisch bedeutsamer Kraftort. Innerhalb des energetischen Erdgitters liegt er direkt auf der hoch magnetischen insubrischen Linie. So hat das Hügeldreieck von Balladrum, Gratena und Monte Verità bereits seit Zeiten eine tiefe naturmythologische Bedeutung.
Aus dem Jahr 1428 datiert eine Geschichte, wonach in der Gegend eine todbringende Dürre herrschte, inmitten derer eine taubstumme Hirtin die Schafe der Bauern weiden liess. Doch das Mädchen musste ansehen, wie die Tiere ob des Wassermangels qualvoll verendeten und so rief sie in ihrer Verzweiflung die Heilige Mutter Gittes an: „Povera me – ich Ärmste!“ Die Angerufene erschien und an diesem Kraftort sprudelte fortan reines Quellwasser. Noch heute pilgern die Menschen zur im 16. Jahrhundert errichteten Wallfahrtskirche, um die „Madonna della Fontana di Perlengora“ um ihren Beistand zu bitten. Viele Pilger sprechen heute von einer friedensstiftenden Kraft dieses Ortes, die Versöhnung finden lasse.
Geomanten gehen heute davon aus, dass sich der Erdmagnetismus am Monte Verità zu Beginn des 20. Jahrhunderts erneut aktivierte. Insbesondere in der Zeit zwischen 1900 und 1920 zogen sich an diesen Kraftort Menschen aus der Welt zurück, um gegen die Zivilisation zu revoltieren und Inspiration für eigene Wege zu suchen. Anarchisten, Dichter, Philosophen, Architekten, Vegetarier, Tänzer, Pazifisten und Nudisten, suchten am Monte Verità geistige Einkehr. Viele von ihnen haben Spuren in unserer Kultur, Wissenschaft oder Literatur hinterlassen. So bekam der Kraftort von den Utopisten den Namen „Berg der Wahrheit“. Hier am Monte Verità entwickelte sich, beeinflusst von der Symbiose mit der Natur, eine Gegenbewegung der Neuzeit, die den Grundstein für die moderne Reformbewegung auf der Basis lichtvoller Behausungen, natürlicher Ernährung und Bewegung im Freien legte. Die Biografien von Gusto Gräser, Rudolf Laban, CGJung, Hermann Hesse, DH Lawrence oder Isadora Duncan sind untrennbar mit dem Kraftort Monte Verità verbunden. Die hier gelebte Gemeinschaft sollte schliesslich ebenso die Sozialutopisten jener Zeit beflügeln, kühn über ihre Zeit hinauszudenken und pazifistische Modelle einer idealen Gesellschaft zu entwerfen.
Seine Ausstrahlung behielt der Kraftort bis zur Gegenwart. Am Monte Verità, heute ein 75.000 m² grosser Naturpark mit Tagungszentrum, treffen sich nach wie vor Suchende, die sich danach sehnen, Frieden zu finden und neue Ideen in die Welt zu tragen.
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